Tuesday, May 14, 2019

Reading Balkans

April 2019
  

 
 
Writer-in-Residence at Goga residency, Novo mesto, Slovenia.
A beautiful experience.

Writing Against the Grain

 
 
 
"Writing Against the Grain: Contemporary English-language Fiction by Women Around the World"
 
Chapter One The Dilemmas and Struggles of Female Intellectuals and Artists:
Reading Anita Brookner’s Falling Slowly (Britain)
 
Chapter Two On the Exploration of an Authentic Female Self through Transgressive Sexuality and Its Limits: Reading Claire Keegan’s “Antarctica”(Ireland)
 
Chapter Three Making Connections among Unconnectable Fellow Women: Reading Nora Nadjarian’s “Exhibition”(Cyprus)
 
Chapter Four In Defiance of the Confining Law of the Islamic Father: Reading Elif Shafak’s The Bastard of Istanbul (Turkey)
 
Chapter Five Seeking for a Home of One’s Own: Reading Marilynn Robinson’s Housekeeping (United States)

Inselbewohner


Gedanken für den Tag 21.3.2019 zum Nachhören (bis 20.3.2020)      ORF.at
 
 
Inselbewohner

„Was ich am meisten liebe am Schreiben, ist die Freiheit“, hat die armenisch-zyprische Lyrikerin und Autorin Nora Nadjarian einmal in einem Interview gesagt. Denn Schreiben gibt mir die Möglichkeit, Welten zu erschaffen, Plätze und Charaktere ebenso wie die Gespräche, die sie führen, ohne dass ich irgendjemandem irgendetwas davon erklären müsste. Leidenschaft ist der Eckstein der Kreativität.“

 
Inselbewohner

Sie wuchsen auf, vor Augen den salzrieselnden Flug der Möwen
den Horizont und das Chaos der Wellen. Bei Tag haben sie auf Schiffe gewartet.

Jede Nacht, wenn die Welt in Schlaf versank,
sind sie ins Meer gegangen. Gleichsam ein Eintreten in die Vergangenheit.
Zuerst verschwanden ihre Füße, dann die Beine, die Hälse und Lippen.

Sie stellen sich vor, dort irgendwo in der pechschwarzen Finsternis,
würden sie ihren Anfang finden und fänden endlich Trost.
Nora Nadjarian
(Aus dem Englischen von Christa Schuenke)

 „Meine Großeltern waren armenische Flüchtlinge aus Kleinasien, aber meine Eltern sind schon in Zypern aufgewachsen“, erzählt Nora Nadjarian. „Daher bin ich sehr international erzogen worden. Zypern, das ist eine wunderschöne Insel und es ist mein Zuhause, aber die Insel ist immer noch geteilt und wir leben hier unter surrealen Bedingungen.“

 Exil

Wir sind durch die Wüste gegangen und ließen zurück unsre Herzen;
wir sind gezogen durch explodierende Tage und Nächte
und haben betreten das kalte, verwilderte Ufer eines neuen Lebens.

Wir sind durch die Wüste gegangen und machten unsre Erinnerungen blind,
schütteten Hände voll Sand in die Höhlen, sie auszubrennen,
das Loch zu füllen, wo ein Herz drin schlagen sollte.

An diesem kalten, verwilderten Ufer, ein neues Leben.

Wir schlafen nah am Ozean und lauschen
auf Stimmen der Vergangenheit in seinen Wellen.

Wir schlafen nah am Ozean und warten
dass salzige Brandung unsere Wunden spült.

Wir schlafen nah am Ozean und lassen
die Möwen reißen an den Narben, die verheilen.

Wir schlafen nah am Ozean und träumen
Von der Wärme von Schweiß und Blut.
Nora Nadjarian
(Aus dem Englischen von Christa Schuenke)